Automatisierung

Emergenz - der unerwartete Zusatznutzen

Optische Qualitätssicherung in der Textilproduktion

20.05.2015 -

Die Qualitätssicherung ist in der Textilproduktion ein kritisches Thema. Die Produktionsprozesse beim Weben und Wirken sind durchoptimiert und die daraus entstandenen Produktivitätsvorteile wurden größtenteils schon an den Stoff-Großhandel weitergegeben. Daher bleibt wenig Luft, um weiter in die Qualitätssicherung zu investieren. Das ist eine Herausforderung für Firmen, die Produkte und Lösungen zur weitern Optimierung der Qualitätsprüfung in der Textilproduktion entwickeln und anbieten.

Zur Vermeidung von Produktionsfehlern werden in der Textilproduktion üblicherweise sogenannte Fadenwächter eingesetzt. Sie halten die Textilproduktionsmaschinen zuverlässig an, sobald es zu einem Fadenbruch kommt. Gleichzeitig sind sie jedoch selber eine Fehlerquelle, denn weil die mechanischen Fadenwächter die Fäden zusätzlich belasten, kommt es häufiger zu einem Fadenbruch. Hier setzte die Entwicklung einer berührungslosen optischen Fadenkontrolle an. Die Idee von Karl-Ludwig Schinner, Geschäftsführer der Opdi-Tex GmbH, die Kettfäden mit einem Kamerasystem zu überwachen, ist mittlerweile patentiert.

Das Null-Fehler-Ziel
Der wichtigste Erfolgsfaktor in der optischen Qualitätssicherung ist nahezu unbekannt: Dieser Faktor heißt Emergenz! Es bedeutet in etwa, dass durch das Zusammenführen und Auswerten der Informationen von Mess- oder Prüfkomponenten das Gesamtsystem eine nächsthöhere Stufe der Leistungsfähigkeit erreichen kann, die nicht allein aus der reinen Funktionalität der einzelnen Komponenten ableitbar ist.
Wenn also die Informationen von allen Sensoren an der Web- oder Wirkmaschine zusammengefasst und gemeinsam ausgewertet werden, entstehen neue Möglichkeiten, den Produktionsprozess insgesamt zu optimieren. Die Kameras nehmen schließlich nicht nur einen einzelnen Kettfaden auf, sondern alle Kettfäden und deren Umfeld. Die Bildverarbeitung registriert dabei sofort, wenn ein Faden gerissen ist und stoppt die Webmaschine, bevor Zeit, Material und Produktionskapazität verschwendet wird.
Mit der Kameraaufzeichnung wird aber auch die Vorgeschichte des Fehlers dokumentiert. Im störungsfreien Betrieb wandern die aufgezeichneten Bilder nur in einen Kurzzeitspeicher. Ist jedoch ein Fehler aufgetreten, werden die Bilddaten dauerhaft auf einer Festplatte abgelegt, so dass sie für die nachträgliche Fehleranalyse zur Verfügung stehen. Hierdurch können Fehlerquellen erkannt und beseitigt werden, die vorher gar nicht analysierbar waren. Dadurch erhöhen sich die Produktionsqualität und die Laufzeit der Web- und Wirkmaschinen kontinuierlich. Für diese Fehleranalyse muss die Produktion noch nicht einmal angehalten werden. Daraus resultiert die bereits oben beschriebene Emergenz, also ein unerwarteter Zusatznutzen in Form längerer Produktionszeiten. Ein mechanisches System wie ein Fadenwächter, der auf einen einzelnen Kettfaden begrenzt ist, kann das definitiv nicht leisten.
Die optische Fadenkontrolle vereinfacht in vielen Fällen den Textilproduktionsprozess, weil bestimmte Folgefehler durch das frühe Erkennen dicht an der Fehlerquelle gar nicht mehr auftreten können. Das verleiht der Textilproduktion eine ganz neue zusätzliche Robustheit. Um dieses Potenzial auszuschöpfen, ist es jedoch nicht nur wichtig, dass Zusammenspiel eines einzelnen Sensors mit der Steuerung der Web- oder Wirkmaschine zu beherrschen. Es geht vielmehr darum das Zusammenführen der Informationen aus mehreren Disziplinen zu meistern. Und das sind insgesamt drei Bereiche, die in der Qualitätssicherung zusammen geführt werden:
1. Das Grundverständnis für den gesamten Textilproduktionsprozess.
2. Die richtigen Sensoren am richtigen Platz, so dicht wie möglich am potentiellen Fehlerentstehungspunkt.
3. Das Wissen und die Erfahrung, um beides gemeinsam in den Qualitätssicherungsprozess zu integrieren.
Das sind auch die drei Komponenten, die zusammen kommen müssen, um sich dem Null-Fehler-Ziel weiter zu nähern.

Eine frohe Botschaft
Das Zusammenführen der drei erwähnten Komponenten hat einen weiteren positiven Effekt: Es ist nicht mehr erforderlich, in jedem einzelnen Qualitätssicherungsschritt perfekt zu sein, denn durch die Integration und gemeinsame Auswertung der Sensordaten entsteht eine gewisse zusätzliche Redundanz. Dagegen ist die hohe Erwartung, dass eine hochauflösende, lichtempfindliche Kamera mit der höchsten Abtastrate, alle Probleme auf einmal und allein löst, immer dann irreführend, wenn der Nutzen erst aus einem Zusammenspiel generiert wird.
In die praktische Umsetzung neuer Projekte bringt Opdi-tex auch die Erfahrungen aus zahlreichen Kundenprojekten ein. Im ersten Schritt wird der Produktionsprozess betrachtet. Dann werden die bekannten Fehlermöglichkeiten analysiert und schließlich das Qualitätsziel festgelegt.
Danach wird jeder einzelne Produktionsschritt untersucht, um die bestmöglichen Sensoren und deren optimale Position, so dicht wie möglich an der potentiellen Fehlerquelle, festzulegen. Bei einem Fehler werden dadurch die Reaktionszeiten so kurz wie möglich gehalten. Das minimiert die Verschwendung von Zeit, Energie und Material. Die Produktion wird bei einem Fehler sofort angehalten, bevor ein sich fortpflanzender Fehler ein Loch in das Budget reißt.
Im dritten Schritt werden die Informationen der einzelnen Sensoren zu einem großen Bild verknüpft, dem gesamten Gesundheitszustand der Textilproduktion. Durch die optische Fadenkontrolle wird dieser Gesundheitszustand zeitnah sichtbar. Daraus entsteht dann die Emergenz, aus der sich zusätzliche Vereinfachungen für die Produktion ergeben.
Die verwendeten Kameramodule mit integrierter Bildverarbeitung sind in einem kleinen und handlichen System untergebracht, was die Montage vereinfacht. Sie liefern mit der internen Bildverarbeitung zeitnah ausgewertete Daten. Auf einem zentralen Rechner werden diese zur Steuerung der Textilproduktionsmaschinen miteinander „verwoben", damit die gewünschte Emergenz entsteht. Die Bildverarbeitungssysteme laufen in der Regel im 24-Stunden-Betrieb. Die Scanner und Kameras sind dabei auch unter anspruchsvollen Umgebungsbedingungen im Einsatz, z. B. in Kühlräumen, in der Nähe von Öfen, in Reinräumen und im Lebensmittelbereich.

 

Spannende Artikel zu Fokus-Themen finden Sie in unseren E-Specials. Lesen Sie jetzt die bisher erschienenen Ausgaben.

Zu den E-Specials

Media Kit

Die Mediadaten 2024 sind jetzt verfügbar! Laden Sie sie hier herunter.

Industrie-Lexikon

Begriffe aus der Bildverarbeitung und Automation, die man kennen sollte

Zum Lexikon

inspect award 2024


Reichen Sie jetzt ihr Produkt ein für den inspect award 2024

Reichen Sie Ihr Produkt jetzt ein!

Spannende Artikel zu Fokus-Themen finden Sie in unseren E-Specials. Lesen Sie jetzt die bisher erschienenen Ausgaben.

Zu den E-Specials

Media Kit

Die Mediadaten 2024 sind jetzt verfügbar! Laden Sie sie hier herunter.

Industrie-Lexikon

Begriffe aus der Bildverarbeitung und Automation, die man kennen sollte

Zum Lexikon

inspect award 2024


Reichen Sie jetzt ihr Produkt ein für den inspect award 2024

Reichen Sie Ihr Produkt jetzt ein!