Bildverarbeitung

Multisensormessgerät Zeiss O-Inspect

Optimierte und zeitsparende Qualitätssicherung von komplexen Kunststoffteilen

21.08.2014 -

Winzige Kunststoff-Bauteile mit Miniaturbohrungen, kleinste Zahnräder, Rollen und Schienen: Schubladenführungen für hochwertige Möbel werden immer filigraner. Durch die Einführung eines optisch-taktilen Multisensormessgerätes konnte ein österreichischer Hersteller den Aufwand für die Qualitätssicherung um die Hälfte reduzieren.

Das österreichische Unternehmen Grass ist einer der international führenden Hersteller von Möbelbeschlägen. Der Schwerpunkt der Produktion liegt auf Auszugssystemen von Schubladen für namhafte Unternehmen der Möbelbranche. Schubladen in modernen Möbelstücken können heute weit mehr als nur auf- und zugezogen werden. Viele schließen dank eines ausgeklügelten Dämpfungssystems lautlos. Manche haben gar keine Griffe mehr, sondern öffnen und schließen automatisch, wenn man sie mit dem Finger berührt. Einige arbeiten elektronisch und können programmiert werden - damit nur eine Lade gleichzeitig öffnet, damit die Laden in unterschiedlicher Reihenfolge schließen oder damit das Geheimfach für die Schokolode verschlossen bleibt. Je intelligenter die Schublade, desto diffiziler ist die Herstellung des Führungssystems. Eine zuverlässige Qualitätsprüfung ist dabei sehr wichtig. „Wenn die Maße unserer Bauteile nicht exakt stimmen, läuft die Schublade nicht sauber in der Schiene", erläutert Mark Ehgartner, Messtechniker bei Grass, die Bedeutung der Messtechnik für sein Unternehmen. „Das merkt der Kunde sofort."
Schon seit dem Jahr 2000 ist am Standort in Höchst deshalb ein Prismo Koordinatenmessgerät von Zeiss im Einsatz. Dies wird vor allem für die Qualitätssicherung von Erstmustern neuer Bauteile eingesetzt. Nach Prüfung aller erforderlichen Maße erhält der Lieferant eine Rückmeldung, ob er noch Änderungen am Werkzeug vornehmen muss oder mit der Serienproduktion beginnen kann. „Das Messgerät war damals das einzige, das unsere Anforderungen an Genauigkeit und Reproduzierbarkeit erfüllte", erzählt der Messtechniker. Die Entscheidung zahlte sich aus: „Seit mehr als 10 Jahren haben wir die Messmaschine im Betrieb, kein einziges Mal ist sie ausgefallen."

Sensible Teile erfordern neues Prüfmittel

Mit der Zeit wurden die Schubladenführungen immer filigraner und komplexer. Heute bestehen sie aus einer Vielzahl kleinster Kunststoffteile, aus Miniatur-Zahnrädern, Rollen und Schienen, die von unterschiedlichen Herstellern geliefert werden. Bis zu 420 verschiedene Maße müssen bei einem Bauteil geprüft werden. Insgesamt sind es oft das Vier- oder sogar Achtfache. Denn die Lieferanten verwenden für den Spritzguss meist Multikavitätenwerkzeuge, mit denen sie mehrere Bauteile gleichzeitig produzieren. Die Schwierigkeit dabei: Das Koordinatenmessgerät Prismo arbeitet taktil. Ein Taster berührt das Bauteil und nimmt an vorgeschriebenen Punkten die Maße ab. Manche dieser Maße sind für den Taster schlichtweg zu klein. Innen liegende Bohrungen z. B. haben einen Durchmesser von gerade mal 0,6 mm. Durch die Berührung des Tasters kann sich zudem der Kunststoff verformen. Das wiederum beeinträchtigt möglicherweise das Messergebnis. Eine geraume Zeit konnte man sich mit unterschiedlichen Prüfmitteln behelfen. Manche Teile wurden taktil, andere mit klassischen Lehren oder Höhenmessern händisch geprüft. Bis zu fünf verschiedene Messgeräte waren im Einsatz, insgesamt benötigten die Mitarbeiter etwa zwei Wochen für die Erstellung eines Prüfberichtes. Um den Prozess zu beschleunigen und die Qualität der Ergebnisse zu verbessern, führte Grass vor wenigen Jahren die optisch-taktile Messmaschine Zeiss O-Inspect ein. „Der Vorteil ist, dass der Anwender zwischen taktiler und optischer Messung wechseln kann", erläutert Mario Scheiber, Executive Area Manager Österreich West von Zeiss. „Das zahlt sich schnell aus, insbesondere bei empfindlichen Bauteilen aus Kunststoff, die in hohen Stückzahlen produziert werden."

Verzeichnungsfrei und präzise

Das neue Multisensormessgerät verfügt zum einen über einen taktilen Sensor, der mit Antastkräften im Milli-Newton-Bereich ein sensibles taktiles Scanning empfindlicher Bauteile ermöglicht. Zum anderen bietet es einen optischen 2D-Kamerasensor mit Bildverarbeitungsfunktionalität. Letzterer zeichnet sich u.a. durch drei Eigenschaften aus: Erstens ist die Optik mit einem aus der Mikroskopie stammenden, telezentrischen 12-fach-Zoomobjektiv ausgestattet, um ohne Objektivwechsel unterschiedlich stark ins Detail zu gehen. Zweitens lassen sich die Werkstücke entweder mit Rot- oder Blaulicht beleuchten, unabhängig davon, ob eine koaxiale oder eine Ringlicht-Lichtquelle gewählt wird bzw. ein steilerer oder flacherer Beleuchtungswinkel. So kann der Anwender je nach Farbe des Kunststoffteils die Beleuchtung verwenden, die eine möglichst kontrastreiche Darstellung erzielt. Damit lassen sich z. B. Kanten im Bild kontrastreicher herausstellen als mit weißem Licht, was die Präzision der Messergebnisse erhöht. Und als dritte Besonderheit umfasst das Sehfeld des Kamerachips je nach gewählter Zoomstellung eine Fläche von bis zu 17,9 x 13,4 mm bei einem sehr geringen Verzeichnungsfehler, selbst in den Ecken des Bildbereichs. Damit ist es im Vergleich zum Sehfeld herkömmlicher Kamerasensoren bis zu dreimal so groß. Das spart dem Anwender Zeit, weil jeweils ein größerer Ausschnitt eines Werkstücks verzeichnungsfrei erfasst werden kann und somit weniger Bilder pro Teil notwendig sind. Und auch die Messsoftware Calypso war ein wichtiger Aspekt, denn mit dieser waren die Mitarbeiter bereits vom vorherigen Messgerät vertraut. Zudem hält das System alle Maße automatisch fest. Der Bediener kann auf Knopfdruck eine Statistik erstellen, die ihm alle erforderlichen Informationen auf einen Blick liefert - anstatt wie früher jedes der per Hand in einer Tabelle notierten 420 Maße auswerten zu müssen.

Messzeit von Erstmustern halbiert

Mark Ehgartner ist mehr als zufrieden mit seiner Entscheidung. Natürlich habe er zwischendurch auch mal Zweifel gehabt, gesteht er. Dann müsse man tief Luft holen und weitermachen. „Zeiss hat die Schwierigkeiten immer kompetent und zügig gelöst. Dass der Anfang holprig werden würde, wussten wir - schließlich waren wir ein Pilotkunde." Als solcher haben die Österreicher maßgeblich zur Perfektionierung der Messmaschine beigetragen. Im Austausch für einen intensiven Service gaben die Messtechniker ihre Erfahrungen an den Hersteller weiter. „Auf dieses Know-how sind unsere Entwickler angewiesen", sagt Scheiber. Nur mit den Rückmeldungen aus den Betrieben über die Leistung von Messgeräten und Software im Praxisalltag können die Entwickler das Produkt zur Marktreife bringen und auf die speziellen Anforderungen der einzelnen Branchen zuschneiden. Seit 2009 ist die O-Inspect nun fest im Einsatz, prüft zuverlässig Tausende von Bauteilen pro Jahr. Der messbare Erfolg: Die Messzeit von Erstmustern reduzierte sich um die Hälfte. „Besonders die Erstellung von Erstmusterprüfberichten war früher enorm zeitintensiv", erklärt Ehgartner. „Statt zwei Wochen benötigen wir heute nur noch fünf Tage dafür."

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