Bildverarbeitung

Verordnete Zeitenwende

Das Ende der CCD-Sensoren

29.04.2015 -

Experten prognostizieren schon seit geraumer Zeit die völlige Umkehr des Marktes für Bildverarbeitungssensoren - weg von CCDs, die derzeit nach Schätzungen noch gut drei Viertel des Marktes beherrschen, hin zu CMOS. Dieser Prozess dürfte sich angesichts der überraschenden Ankündigung von Sony, die Wafer-Produktion für CCD-Sensoren bereits 2017 weitgehend einzustellen, nun noch deutlich beschleunigen.

inspect: Herr Krepil, Framos ist laut eigenem Bekunden Sonys größter Distributionspartner für Bildverarbeitungssensoren in Europa und Nordamerika. Hat die Nachricht zum Stopp der CCD-Produktion Sie trotzdem genauso überrascht wie den Rest der Vision-Welt oder gab es Anzeichen dafür?

A. Krepil: Ja, die Produktionseinstellung als solches hat uns schon überrascht! Wir hatten zwar Anzeichen, dass vielleicht für ein paar alte „Low-Runner" CCD-Sensoren ein Last-time-buy stattfinden würde, aber die Ankündigung der Kompletteinstellung des Portfolios war in der ersten Sekunde schon ein Schock.

inspect: Die Nachricht sickerte zuerst in diversen Internet-Foren durch. Auf eine offizielle, öffentliche Stellungnahme des Herstellers warten viele Bildverarbeitungsanwender bis heute. Sind Sie mit dieser Informationspolitik Ihres Lieferanten besonders glücklich?

A. Krepil: Das Problem war ja, dass das erste Schreiben von Sony sehr vage gehalten war und viel Raum für Interpretationen ließ. Auch, dass Sony keine offizielle Pressemeldung vorgenommen hat, sondern selbst die Direktkunden informierte und die Distributoren wiederum ihre Kunden. Framos hat sehr zeitnah alle Kunden per E-Mail unterrichtet und stellvertretend versucht, mehr Klarheit in den Abkündigungsprozess zu bringen. Aber zugegeben: Das hätte von Anfang an besser laufen können.

inspect: Über die Webseiten von Distributoren und Kameraherstellern wurden zuletzt verschiedene Fristen für „Last-time-buy" und „Last-time-ship" kommuniziert und teilweise auch wieder revidiert. Können Sie uns mittlerweile eine verlässliche Roadmap mit verbindlichen Daten nennen?

A. Krepil: Nein, Stand heute sind alle Listen und deren Zeitangaben nur vorläufig. Denn auf Druck der Kunden wurde die Verfügbarkeit der High-Runner CCDs jetzt bis Anfang 2026 verlängert. Also gibt es Sensoren, die es bis 2020 geben wird, und jene, die Mehrzahl, die bis Anfang 2026 verfügbar bleiben.

inspect: Zu welcher konkreten Vorgehensweise raten Sie nun Ihren Kunden? Gibt es unmittelbaren Handlungsbedarf? Und welche Unterstützung und welche Services können Sie dabei anbieten?

A. Krepil: Sony benötigt bis spätestens August 2015 für die Low-Runner und Anfang 2016 für High-Runner den voraussichtlichen Jahresbedarf aller Kunden, herunter gebrochen auf Bauteilebene. Wir empfehlen daher, schon jetzt an dem Bedarfsplan zu arbeiten und schließlich über uns mit dem Hersteller zu kommunizieren. Dieser Forecast berechtigt dann zum Bezug der benötigten Sensoren bis 2020 bzw. Q1/2026 und man ist damit auf der sicheren Seite. Der genaue Bestellprozess wird derzeit noch festgezurrt - letztendliche Bestellungen sind noch einige Zeit möglich. Parallel dazu bietet Framos an, passende neue CMOS Sensoren auszusuchen, Referenzdesigns zur Verfügung zu stellen oder sogar entwicklungsbegleitend zur Seite zu stehen. Denn ein CMOS Kamera-Design ist etwas anderes als das gute alte CCD Kamera-Design.

inspect: Bereits vor den jüngsten Entwicklungen hatten aktuelle Umfragen, wie z.B. die Framos Marktstudie 2014 (siehe inspect 6/14), eine komplette Umkehr der Verhältnisse zugunsten von CMOS-Sensoren innerhalb von nur zwei Jahren prognostiziert. Wird sich dieser Prozess Ihrer Meinung nach noch weiter beschleunigen?

A. Krepil: Ganz klar: ja! Wir denken, dass im Jahre 2017 alle CCD-Kunden ein passendes, produktionsreifes CMOS Kamera-Design fertig haben werden. Das bedeutet nicht nur eine Umkehr der Verhältnisse CCD/CMOS, sondern eine fast komplette Auslöschung der CCD- Aktivitäten.

inspect: Viele sehen nun das endgültige Aus für CCD-Sensoren in absehbarer Zeit gekommen. Aber in speziellen Anwendungen wie z.B. im Medizinbereich oder im High-End-Sektor können CMOS-Sensoren CCD heute noch nicht gleichwertig ersetzen. Wie sehen Sie diese Entwicklung?

A. Krepil: Für ganz besondere Spezialapplikationen werden vielleicht noch die Truesense CCD-Sensoren (ex-Kodak) von On Semiconductor für eine Dekade überleben. Aber selbst für die Medizintechnik hat Sony angekündigt gleichwertige Sensoren auf CMOS-Basis in sehr naher Zukunft anzubieten. Doch gerade in diesem Bereich sind die Produktzyklen sehr lang - eine Neuqualifizierung dauert sehr lange und ist extrem teuer. Klar, dass hier die aktuellen CCD-Sensoren so lange wie möglich am Leben erhalten bleiben werden. Jedoch macht man sich schon heute Gedanken, wer oder was die Zukunft sein wird - auch hier wird ganz bestimmt nicht auf alte Pferde gesetzt.

inspect: Andere Sensor-Hersteller haben bislang nicht erkennen lassen, dass sie Sonys Schritt schon bald folgen wollen. Werden Sie bei Bedarf und entsprechender Nachfrage auch mit alternativen Herstellern für CCD-Sensoren zusammenarbeiten?

A. Krepil: Framos ist immer offen für gute Produkte und Lösungen, die Sinn machen. Aber schon heute bieten wir ja nicht nur Sony-Produkte an, sondern sind auch europäischer Distributor für On Semiconductor, die zwischenzeitlich Truesense, Aptina und ex-FillFactory/Cypress integriert haben. Wir decken damit wohl gut 80% aller auf dem Markt befindlichen Sensoren ab.

inspect: Letzte Frage: Wenn wir dieses Interview in 10 Jahren fortsetzen, werden wir dann noch über aktuelle CCD-Sensoren sprechen oder gibt es die dann nur noch im Deutschen Museum zu besichtigen?

A. Krepil: Ja, 2025 wird der Marktanteil von CCD-Sensoren im unteren einstelligen Prozentbereich liegen und die guten alten CCD-Sensoren, wie z.B. den High-Runner ICX285 (2/3", 1,4 MPixel), können wir dann im Deutschen Museum besichtigen.

Lesen Sie zur Entwicklung auch den Kommentar des Vision-Experten Ronald Müller, den wir ebenfalls für Sie bereitgestellt haben.

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