Bildverarbeitung

Strategie für die Digital Economy

Einige einfache Regeln erleichtern das Navigieren

20.05.2015 -

Unsere Gesellschaft digitalisiert sich auf breiter Basis. Mit dem Niedergang des PCs als Protagonist des digitalen Wandels, dringen Digitalisierung und Vernetzung in jeden Bereich unseres Lebens und Wirtschaftens. Jedes Unternehmen, jeder Unternehmensbereich, jedes Produkt und letztendlich wir selber sind betroffen. Jedes Unternehmen muss sich für diese neue komplexe Welt positionieren.

Erfolgsrezepte von Unternehmen sind so vielfältig wie die Unternehmen selber. In der Erfolgsgeschichte eines jeden Unternehmens findet sich immer ein Informationsmonopol: Ein Geheimnis, das anderen nicht (so einfach) zugänglich ist, etwas was das Unternehmen besonders gut kann, der exklusive Zugang zu Kunden. Oder es ist spezialisiert auf eine besondere Art von Problemen, eine Technologie, auf besondere Zuliefermärkte oder auf eine geographische Region. Die Liste ließe sich beliebig verlängern. Unternehmen definieren sich über diese Stärken, denn Geschäft „ohne Waffen ist wie Musik ohne Instrumente". Und wenn Sie einmal nicht weiterwissen, fragen Sie heute Google. Willkommen in der Digital Economy.

1. Kenne den Kunden
Google ist auch ein exzellentes Beispiel dafür, wie sich unsere Gesellschaft digitalisiert. Der Erfolg der „Mission, die Information dieser Welt nutzbar zu machen" hat dem Wort „googeln" seinen festen Platz im Duden verschafft. Das Googeln ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen und belegt die tiefgreifenden und umfassenden Veränderungen der letzten 20 Jahre. Des Google‘s Kern ist dabei die Werbung, nicht die frei verfügbare Suchmaschine. Werbung ist das lukrativste und dominante Geschäftsmodell des Internets. Kostenfreie Dienste dienen ausschließlich dem Zweck, Datenspuren nachzuspüren und sie zu dokumentieren. Die Vorhersage des Konsumentenverhaltens aus anonymen Daten ist die Kernleistung, das Sammeln der Daten und die Informationsverdichtung durch Datenanalyse sind hierfür die technischen Voraussetzungen.
Das damals neue Google System war viel effizienter als die vorher etablierten Verfahren. Weite Teile der Wirtschaft kannten ihre Kunden nicht so gut wie Google. Die breit Anzeigen streuende Werbewirtschaft wurde durch die Genauigkeit und Wirksamkeit überrascht. Einige wurden dabei disruptiv aus dem Geschäft gedrängt, andere mussten Ihre Go-2-Market Strategie anpassen. Mit der Fehleinschätzung, dass man den Kunden und seine Anforderung genau kennt, beginnt die Disruption.

2. Trenne und rekombiniere
Die zentrale "digitale" Innovation von Google war die Entkopplung von Leistungs- und Zahlungsströmen: Kostenlose Leistung strömt zum Konsumenten und wird durch gut bezahlte Werbung subventioniert. Dieses Prinzip funktioniert aufgrund der niedrigen und weiter fallenden Betriebskosten von Software in Serverfarmen, die über das Internet die Welt abdecken. Bei Google funktioniert dies so gut, dass Sie viele weitere Ideen daraus finanzieren können. In den meisten anderen Industrien ist das anders: Die Kosten physischer Produkte verringern den Umfang, in dem Subventionsspiele gespielt werden können. Das Spiel wird schwieriger, aber nicht unmöglich.

Im Rahmen der Verfeinerung von Geschäftsmodellen wurden Methoden wie Business Model Innovation und Lean Startup entworfen, die systematisch das geschäftliche Spielfeld zerlegen und rekombinieren. Systematisch werden hochmargige Elemente zum Kern des digitalen Geschäftsmodells gemacht und die kostenbelastenden Anteile den Partnern überlassen. So fokussiert beispielsweise Uber auf die Vermittlung von Fahrgast zu Fahrer, das Risiko und der Kostendruck liegt im Wesentlichen bei den Fahrern. Die Wirtschaftlichkeit des Gesamtsystems für den Kunden wird durch Filetierung verbessert. Zerhacken und rekombinieren Sie Ihre Wertkette, bevor andere dies für Sie tun.

3. Maximiere die Reichweite
Es verwundert, dass die Digitalisierung in Konsumentenmärkten startet, wo doch die Industrie eigentlich den besseren Technologiezugriff hat. Bei genauerer Betrachtung ergibt sich aber eine zwingende Logik: Die Entwicklung vom Großen zum Kleinen, vom Konsumenten zur Industrie.
Der Verkauf einer digitalen Dienstleistung ist im Gegensatz zum Verkauf physischer Produkte, oder von Software auf Datenträgern oder speziell angepasste Firmensoftware, mit sehr niedrigen Material- und Personalkosten belastet. Und ist die Infrastruktur einer digitalen Dienstleistung erst einmal definiert, ist es (fast) egal, ob der Server eine, 100 oder 100.000.000 Transaktionen durchführt. Eine Geschäftsausweitung führt somit nur zu leichter Kostenerhöhung. Dies ist exakt die Logik des Cloud Computing, in der Rechnertechnik zunehmend in Rechenzentren ausgelagert und über das Internet vermietet wird. Für digitale Geschäftsmodelle ermöglicht dies extrem schnelles Wachstum, hohe Flexibilität und größeren Spielraum für Experimente.

Wo konventionelle Produkte schrittweise, begrenzt und kontrolliert in den Markt gebracht werden, werden digitale Geschäftsmodelle bevorzugt breit ausgerollt. Google organisiert vier Milliarden Suchanfragen täglich, Twitter 500 Millionen tweets, Alibaba 254 Millionen Aufträge täglich. Bei Milliarden Nutzern passieren täglich auch extrem unwahrscheinliche Ereignisse. Dieser Logik folgend, starten rein digitale Geschäftsmodelle groß und ernten und lernen auf dem Weg. Diese Logik startet natürlicherweise beim Konsumenten. Ihr kann die Industrie aufgrund ihres Portfolios auf physischer Produktbasis, ihrer limitierten Reichweite, ihrer Sicherheitsanforderungen und ihrer langfristig angelegten Investitionsentscheidungen nur begrenzt folgen. Aus der etablierten Industriellen Erfahrung heraus wird dieses Vorgehensmodell auch als Rezept zum Geldverbrennen eingeschätzt und gerne dem Venture Capital und Startups überlassen. Fazit: Schnelle digitale Innovation erfolgt im sozialen Raum der Konsumenten und des Zwischenhandels und diffundiert erst dann in die Industriellen Prozesse.

4. Experimentiere systematisch
Die meisten Unternehmen sind in der Zwickmühle. Noch nicht zu einhundert Prozent digital müssen sie dennoch in ihrem Unternehmen die Regeln der neuen mit denen der alten Welt kombinieren. Zwei Unternehmen, denen dies erfolgreich gelungen ist, sind Apple und Amazon, die im Kern konventionelle Geschäfte betreiben, aber sehr erfolgreich zusätzlichen digitalen Mehrwert schaffen.
Digitale Transformationen zeigen in der Praxis typische Fehler: Oft werden nur digitale Marketingtools an das existierende Geschäft angeflanscht. Innovationen sind zu klein konzipiert oder (finanziell) zu eng kontrolliert. Nicht selten arbeitet man innerhalb etablierter, aber nicht optimaler Prozesslandschaften. Die Digitalisierung wird nach althergebrachten Regeln aus der Produkttechnologie erzeugt. Es liegt ggf. im erlernten Verhalten von Organisationen, ein Stück Software zur Datenauswertung - "wie gewohnt" - als weitere Option zu einem Messprodukt hinzuzufügen, anstatt die Geschäftslogik umzudrehen und das Geschäft von der IT Seite aufzurollen. Organisationen verharren gern im bereits Existierenden. Im Sinne einer Gewinnmaximierung ist dieses Vorgehen nicht optimal.

B2B Unternehmen liefern Lösungen für Märkte mit begrenzter Reichweite. Von Zulieferern kommend sind Systeme mit höherer Reichweite und höherem Transaktionsvolumen aber nie ganz weit weg. Bei digitalen Lösungen hat man oft die Chance, in einem intelligenten Geschäftsmodell daran zu partizipieren. Der Weg dorthin ist allerdings nicht einfach und muss die eigene Historie ebenso berücksichtigen wie das Produkt-Portfolio. Sich in der Erneuerung auf zu konservative Ziele einzuschwören, beinhaltet allerdings das Risiko, substituiert zu werden.

5. Information ist wertvoller als Daten
Der Kern neuer Technologie sind Daten, der Kern neuer Geschäftsmodelle ist Information. Und die "en vogue" Quelle von Information ist Vernetzung. Slogans wie "Daten sind das neue Gold" sind hier irreführend, Wachstum entsteht durch neue Information und nicht durch effizientere Datenverarbeitung, wie einem gerne verkauft wird. Die Unterscheidung zwischen Daten und Information wird in der Breite nicht sauber getroffen, hat aber im Qualitätsmanagement eine Historie: Was ist der Wert eines digitalen Bildes verglichen mit der Aussage, dass ein inspiziertes Werkstück noch im Toleranzband ist? Hier unterscheidet man schon immer sauber zwischen Messpunkten (Daten) und Aussage (Information). In weiten Teilen der Wirtschaft wird dies leider nicht so gehandhabt. Der Unterschied von Information zu Daten ist entscheidend für das Geschäft.

Das weltweite Datenvolumen 2015 wird von Statista auf 8,5 Exabyte geschätzt und soll bis 2020 auf 40 Exabyte anwachsen. Allein der Betrieb eines einzigen „GE twin engine" unter der Tragfläche einer Boing Dreamliner erzeugt ein Terabyte an Daten pro Tag. Insbesondere das aufkommende Internet of things wird noch sehr viele Dinge im Internet verankern. Der Trend zum wearable computing macht die Physiologie der Konsumenten in Teilen schon heute messbar. Der Weg von den Daten zu geschäftsrelevanter Information wird dabei aber nur selten geklärt und dargestellt.

In der Logistik vereinfacht sich der Planungsprozess. Hier steht RFID für Datum und geschäftsrelevante Information zugleich, womit der realen Welt eine direkte digitale Struktur übergestülpt wird. Die prognostizierte Verschlankung der Prozesse hat Auswirkungen auf Hilfstechnologien wie Barcodes und die Organisationsstruktur. Die meisten innerbetrieblichen Informationen werden bereits optimal genutzt, es verbleibt aber ein großes Rationalisierungspotential durch digitale Prozesstechnik.

Betriebsdaten eines Geräts sind relevant, wenn sie dem Hersteller oder dem Kunden einen wirtschaftlichen Vorteil liefern. Bio- und Nutzerdaten fließen in die existierenden Geschäftsmodelle zur Vorhersage von Verhalten ein und haben zusätzlich ein gewaltiges Potential im Versicherungssegment. Geschäftsmodelle können also in Form von Sicherheit (uptime, Service-Qualität) oder Versicherung (Prämienstruktur abhängig vom Verhalten) gestaltet werden. Es hat heute den Anschein, dass Versicherung das Geschäftsmodell des Internet of things wird.

Die Generierung von geschäftsrelevanter Information aus externen Daten ist nicht triviale Analysearbeit. Der Zugriff auf viele unstrukturierte Daten nützt nichts ohne die Fähigkeit, diese Daten zu Informationen für Entscheidungen und Handlungen zu verdichten. Dies ist mehr als nur die Frage nach einer Hardwarelösung für Big Date. Im Umkehrschluss nutzt die beste Big Data Infrastrukur nichts, wenn das Geschäft keinen Zugriff auf externe Daten hat. Die Entscheidung von Google, durch die Akquisition von NEST (digitale Thermostate) und Android ins Mobiltelefongeschäft einzusteigen, macht Sinn, denn die Datenbasis des existierenden Geschäftsmodells wird erweitert. Dagegen können z.B. etablierte Mobilfunkbetreiber, die schon lange Zugriff auf diese Daten haben, diese nicht in neue Geschäftsmodelle abbilden. Fazit: Stelle Sie sich die Frage, welchen Zugriff auf relevante Information sie wirklich haben und haben wollen.

6. Schaue auf die innerbetrieblichen Informationsprozesse
Im Innenverhältnis der Unternehmen liefert die Digitalisierung hohes Rationalisierungs-Potential. Der Preisverfall der IT und die Flexibilisierung durch Cloud Computing ermöglicht konsistente, stark automatisierte Geschäftsprozesse. 80 Prozent der innerbetrieblichen Informationsverarbeitung, auch der höherwertigen, lassen sich heute automatisieren.

In der Zukunft werden Systembrüche zwischen einzelnen Gesellschaften, inklusive manueller Reiinterpretationen von betrieblichen Daten, unnötig sein. Die Arbeiten an der Industrie 4.0 Vision adressieren zusätzlich manuelle Planungstätigkeiten und Rüstzeiten in der Fertigung, die historisch notwendig waren. Alle Trends haben einen hohen Einfluss auf die Organisationen der Zukunft, auf das Produktdesign im Ausrüstungsgeschäft und auf die Qualifikation von Mitarbeitern. Der genaue Weg in diese Zukunft muss sich aber erst konkret entfalten.

 

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